Wie man ein Museum kaputtmodernisiert und warum in diesem Beitrag kein Foto ist

Fassungslos hat mich der Besuch des Museumsdorf in Niedersulz zurück gelassen. „Des is jetzt nur mehr zum Gschäft machen“, bringt es eine Besucherin auf den Punkt, die ich beim Mittagessen kennengelernt habe. Und den Eindruck hatte ich auch.

Das Museumsdorf Niedersulz liegt im Weinviertel, als größtes Freichlichtmuseum von Niederösterreich stellt es die dörfliche Kulturgeschichte aus dem späten 18. bzw. 19. Jahrhundert der Region in den Mittelpunkt. Das Dorf ist aufgebaut wie ein klassisches Dorf in der Gegend: Kirche, Schule, Dorfwirt (die im echten Leben leider massiv vom Aussterben bedroht sind), Greißler (den´s heraussen schon garnimmer gibt), und natürlich auch die Kellergasse, – alles da. Zusammengesammelt hat die Häuser der eigentliche Museumsdorf-Mitgründer Josef Czerny aus den umliegenden Bezirken. Den Anfang machte dabei sein eigenes Geburtshaus, der Südmährenhof, den er schließlich 1979 im Museumsdorf neu aufbauen konnte.
Die Geschichte Czernys ist nur mehr im Südmährenhof sichtbar, dieser Teil des Museumsdorfes wird auch getrennt von den anderen Teilen verwaltet, nämlich von der Südmährer Kulturstiftung. Noch vor wenigen Jahren war im ganzen Museumsdorf eine unglaubliche Geborgenheit spürbar, eine kreative Atmosphäre, die einer jetzt sehr professionellen, glatten, unpersönlichen gewichen ist.
Viele in der Umgebung kannten Czerny, der vor einigen Jahren in WIen verstorben ist persönlich: nicht nur mit seinem hart erarbeiteten Geld sondern vor allem mit seiner ganzen Seele und körperlichen Einsatz (Czerny war gelernter Maurer) hat er den Großteil der Häuser selbst abgetragen, katalogisiert und in Niedersulz wieder aufgebaut, -mit Hilfe von unzähligen Freiwilligen. Alle Häuser sind nicht nur äußerlich genau wie zuvor, auch in der Inneneinrichtung hat Cerny großen Wert auf Authentizität gelegt: Möbel, Geschirr, Bilder, Wäsche, – in der Greißlerei hängt sogar eine Todesanzeige „von einem aus dem Ort“.

Für die Erhaltung des Museums wurde schließlich nach dem Vorbild von Schloss Hof und Carnuntum eine privatrechtliche Gesellschaft gegründet.
Architektur und Kuratierung der neueren Ausstellungsteile hat man offensichtlich gleich mit übernommen, ohne Rücksicht auf Verluste: Der Haupteingang wurde auf den Hügel verlegt und ein riesiges schwarzes kubusähnliches Holzdings hingeknallt, dazu einen Parkplatz mit abertausenden Plätzen hinbetoniert – mitten im hügeligen, jetzt herbsichtlichen und idyllischen Weinviertel, mitten rein ins Museumsdorf, mitten rein in die Streuobstwiesen. Das schmerzt.
Der Ausbau des Wirtes und der Bedarf an einem im Vergleich zum Museumsdorf unverhältnismäßig großen Wintergarten ist bei großem Besucherandrang hingegen vielleicht noch nachvollziehbar.
Gänzlich unverständlich ist die unglaublich schlechte Anbindung an den öffentlichen Verkehr: die nahe Bahnlinie wurde eingestellt und durch einen Bus, der so gut wie nie fährt und pro Strecke und Nase beinah 10 Euro kostet ersetzt.
Die neueren Ausstellungsteile folgen einem sehr modernen und eigentlich ansprechenden Konzept: wenn man es nicht in der Woche davor schon im Museumszentrum Mistelbach, in Schloss Hof und in Carnuntum gesehen hätte. Auch die eigentlich großartige Bepflanzung (alleinüber 400 Baumarten) ist mittlerweile langweilig, wenn man Niederösterreichs Gärten kennt, die auch in Schloss Hof, auf der Garten Tulln und sonst noch überall schon gesehen hat.
In Niederösterreich hat sich viel getan in den letzten Jahren. Momentan sieht es nach einer groben Vereinheitlichung aus. Das ist nicht immer gut. Und im Museumsdorf Niedersulz hat´s mehr zerstört als es gut macht. Auweh.

In diesem Beitrag findet sich kein Foto. Beim Kubus-Fotografieren ist mir mein Smartphone aus der Hand gerutscht und zerschmettert. Filmreif, aber leider kein Schmäh. ;(

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