Kommentar: Über das Lied vom Uploadfilter

Das EU-Parlament hat im März 2019 die umstrittene Reform des Urheberrechts beschlossen. Plattformen sind künftig verpflichtet, alle Uploads von Usern auf mögliche Rechteverletzungen zu überwachen. Kommentar zu einer hitzigen Debatte.

„Uploadfilter steht nicht im Text“, begann Vize-Kommissionspräsident Andrus Ansip seine Rede für die am Dienstag im EU-Parlament zugebilligte Urheberrechtsreform, so als ob man damit die hochemotionale Debatte um die umstrittene Richtlinie einfach auslöschen könnte. Besonders Artikel 11 und 13, also die Frage, ob es Uploadfilter geben müsse und ob es ein Leistungsschutzrecht für Presseunternehmen in Europa geben solle, sorgte für Gefechte: Tausende Kreative demonstrierten für ein zensurfreies Internet, das sie damit gefährdet sahen. Verlage fürchteten um ihre Existenz, sollte die Richtlinie nicht beschlossen werden. Die Internet-Riesen wiederum schlugen sich auf die Seite der Demonstranten, allerdings aus anderen Motiven. Der CDU-Politiker Axel Voss erhielt neben Spott der Twitteria unter dem Hashtag #axelsurft sogar Bombendrohungen, nachdem er in einem Interview ungeschickt offenbarte, dass er, der große Formulierer des Richtlinientextes, mit grundlegenden Mechanismen des Web nicht vertraut ist.

Geistiges Eigentum soll auch im Internet geschützt werden, ist die vernünftige Grundlage der Richtlinie, auf der große und kleine Player in den vergangenen Wochen ihre Interessen auswälzten. Ob der arme Poet als Gewinner der EU-Politik hervorgeht? Eine romantische Vorstellung.

Der nun EU-Richtlinie gewordene Eiertanz muss von den Mitgliedsstaaten noch in nationales Recht umgetanzt werden. Zyniker vermuten das Formular A38 „Antrag auf Erteilung eines Upload-Formulars“ schon in der Schublade. Wie der digitale Raum tatsächlich aussehen wird, wenn das Lied vom Uploadfilter auf nationaler Ebene fertig geschrieben sein wird, ist unklar, die Auswirkungen sind heute nicht abzuschätzen.

Die EU-Richtlinie wird das Internet nicht zerstören, aber das Presseabendland auch nicht vor dem Untergang retten. Solange man Probleme statt Innovation entwickelt, kann Europa nicht erfolgreich sein. Der tiefe gesellschaftliche Bruch, der hier entstanden ist, ist von Juristen nicht regulierbar.

 

Der Artikel erschien erstmals in: Die Furche Nr. 13 / 2019 vom 28.03.2019

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