Das Unsichtbare sichtbar gemacht – Kurzporträt Katie Bouman

Durchaus möglich, dass der eine oder andere noch im Jahr 2016 die zierliche junge Frau auf der großen TED-TALK-Bühne um Kaffee geschickt hätte – wie sie so dastand, die helle Bluse in den grauen Rock gesteckt. Bis Katie Bouman dann zu ihrem Vortrag ansetzte, mit Schmäh, Charme und Esprit – über schwarze Löcher…

Ein Vortrag darüber wer diese schwarzen Löcher erstmals entdeckt hat, wie sie entstehen und warum man sie nur mit Hilfe der Informatik fassen kann. Drei Jahre später, am 10. April 2019, saust ein Bild der mittlerweile 29-Jährigen Bouman durchs Web, das rasch viral geht. Das Foto zeigt eine strahlende Katie Bouman vor ihrem Laptop, die Hände vors Gesicht geschlagen. Auf dem Computerscreen: das schwarze Loch. „Ich bin so aufgeregt“, kommentiert Bouman das Foto auf ihrer Facebook-Page. „Ich bin so aufgeregt, dass wir endlich zeigen können, woran wir das vergangene Jahr gearbeitet haben.“ 

Porträt_Katie_Bouman

Bouman ist Forscherin am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics im US-Bundesstaat Massachusetts. Sie hatte 2016 den Algorithmus mit dem Namen „Chirp“ entwickelt und damit einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass Forschern rund um die Welt die erste Aufnahme eines dieser Objekte im All gelungen ist. Der Algorithmus ermöglichte es, die gigantischen Datenmengen des weltumspannenden Radioteleskopnetzwerks Event Horizon zu durchforsten und daraus dieses Bild zu schaffen. Die Meldung rund um Boumans Foto sorgte für Aufregung in den sozialen Netzwerken. Nicht die Tatsache, dass etwas gelungen war, worauf die Wissenschaft seit Einstein hingearbeitet hat, wurde diskutiert, sondern, dass eine Frau das Gesicht des Projekts geworden ist. „Ein Foto, das zu gut war, um es nicht zu teilen“, schrieb die New York Times, und warnte ausführlich, Frau Doktor Bouman übermäßig viel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Sie wäre nur Teil eines großen Teams von Wissenschaftlern! Katie Bouman hat tatsächlich Unsichtbares sichtbar gemacht. Nicht nur im Weltall.

 

Der Artikel erschien erstmals in: Die Furche Nr. 16 / 2019 vom 18.04.2019 

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