Mein #Kulttipp

Tanja Praske, die ihren Blog bewundernswerterweise so konsequent betreibt und bepostet (was ich ja nie und nimmer zusammenbring) hat zur Blogparade aufgerufen. Gehört hab ich schon davon, mitgemacht noch nicht, das soll sich ändern.
Wie funktioniert die Parade jetzt?
Eingeladen sind alle, Bloggerinnen und Nicht-Bloggerinnen (Männer sind selbstverständlich mitgemeint), die aufgerufen sind ihren speziellen Kulturtipp zu teilen. Das Ziel ist, Kulturtipps zu sammeln und BloggerInnen zu vernetzen.
Die Spielregeln sind hier wunderbar erklärt.

Mein Kulturtipp – Wien!

Ich bin aus Wien, ich bin hier geboren, ich lebe hier: mich zu fragen, welches mein #kulttipp ist, ist wie die Frage an eine Mutter, einen Vater, welches Kind das liebste ist.

Ich liebe die Stadt, in der ich groß geworden bin, auch wenn ich mir manchmal wünschte ich wäre Cosimas Pinocchio, der auf einem improvisierten Balkon auf dem Wiener mumok hängt und auf die Stadt herunter speibt.

Ich bin Wien verfallen, und mit jedem Freund, jeder Freundin, die Nicht-WienerIn ist, und dem, der ich meine Welt zeige, wächst meine Freude an dieser Stadt an den kleinen Dingen, die man auch nach 33 Jahren noch entdecken kann.
Wien ist mein Kult(ur)tipp.
Man muss hier gewesen sein.
Ursprünglich wollte ich ein einzelnes Theater herausnehmen, nämlich die Klettenheimers aus der Lederergasse. Jene Klettenheimer, die jahrelang ohne (!) Subventionen Theater auf hohem Niveau gemacht haben: die vom Telefondienst, über Ticketsverkaufen, bis zur Stückentwicklung, zur Regie, zum Spiel, zum Bier-Ausschenken in der Pause alles zu zweit (!) bewältigt haben. Mein Blogpost war schon geschrieben, – als ich wegen einem Pressefoto auf die Website der Klettenheimers gegangen bin und voll Entsetzen bemerkt habe, dass sie das Land verlassen haben, zu Studienzwecken, und im Jänner bekannt geben werden „wie es weiter geht“.
Und das, genau das ist der Grund, warum ich mich manchmal fühle wie Cosima von Bonins Pinocchio. Weil Kunst und Kultur, von der meiner Stadt so reichhaltig ist, am Ende so wenig zählt.
Weil in der Stadt der Musik, die Straßenmusiker unendlich bürokratische Anträge stellen müssen. Weil kleine Theater auf Studienreise gehen und im „Jänner erklären werden wie es weiter geht“. Weil Kunst und Kultur kaputt gespart wird. Während für die Rettung der Hypo Milliarden ausgegeben werden. Weil die freie Szene ausgebeutet wird, auch und grad von denen die genau dieses Vorgehen, diese Ausbeuterei, das Prekariat in der Kulturstadt Wien am meisten anprangern.

Und das bedingt auch schon meinen ersten „Tipp im Tipp“: am Karlsplatz in Wien haben Studierende im Rahmen eines Uniprojekts eine Stadt erbaut, Hypotopia. Eine Stadt, deren Erbauung, unter Berücksichtigung aller Kriterien für eine nachhaltiges Leben, exakt genauso viel kosten würde, wie vom Staat für die Rettung der Banken ausgegeben wurde. Das beeindruckende Werk ist noch bis 29. Oktober zu sehen.
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Mein zweiter Tipp, die Museeen, das sind das MAK, das mumok und, eine Bahnstunde von Wien entfernt, die Kunsthalle Krems und das einzigartige Karikaturmuseum. Tage könnt ich hier verbringen. Zuletzt gesehen habe ich die Ausstellung Gregor Schmoll in der Kunsthalle Krems, – der Rainald Grebe der bildenden Kunst. Vielschichtig und genial präsentiert der Künstler seine Schwarz-Weiß-Fotografien, eine aufregender als die andere. Besonders spannend: Schmoll hat Bruegels Turmbau zu Babel (und zwar beide Versionen) aus Klopapierrollen nach gebaut, und analog abfotografiert. Das beeindruckende Ergebnis ist in Krems zu sehen.

Mein dritter Tipp im Tipp ist das Kurztheaterfestival mimamusch im Ragnarhof: einerseits weil man gar nicht oft genug sagen kann wie wichtig es ist die freie Szene zu unterstützen und andererseits weil der Ragnarhof wirklich eine wunderbare Location ist, vor allem aber wegen dem ungewöhnlichen Festival selbst. Jedes Jahr gibt es ein vorgegebenes Thema, zu dem kleine feine Theatergruppen ihre Produktion zeigen. Mittlerweile gibt es einen Spielplan, was dem Festival angeblich keinen Schaden zufügt, – ich weiß es nicht, ich war heuer noch nicht da. Bisher lag der Reiz des Festivals darin, dass sich im großen Saal mit Bar, DJ und Party, die SchauspielerInnen unter die Menge gemischt haben und versucht haben potentielle Zuschauerinnen einzuladen, zu überreden sich genau IHR Stück anzuschauen. Spannend: am Ende konnte man nie ganz genau sicher sein wer einen da anquatscht, – ein bisserl Arthur Schnitzlers Traumnovelle, – reloaded, sozusagen. Bespielt wird jedenfalls auch heuer der ganze Ragnarhof, bezahlt wird einmal Eintritt, die einzelnen Gruppe gehen nach Vorstellung auch mit dem Hut durch, dieses Geld bleibt den Gruppen selbst. Das Festival ist noch den ganzen Oktober zu sehen.

Der Bereich Kultur für junges Publikum soll in dem #kulttipp nicht außer Acht gelassen werden: das Lilarum ist natürlich allen voran zu empfehlen (bitte befreundet euch auf Facebook mit dem Kleinen Vogel Tikidu, so lieb, obwohl er grad wenig postet) , und trotz verschiedener Unstimmigkeiten auch der Dschungel Wien, wo immer wieder qualtativ hochwertige Produktionen gezeigt werden. Wer ein Buch für junge LeserInnen braucht ist in der Buchhandlung Kunterbuch gut aufgehoben. Das Zoom Kindermuseum schätze ich auch sehr, allerdings ist es sinnlos dort hinzu gehen: Tickets muss man mitunter Monate (!) im Voraus bestellen, da ist es mit jungen Museumsbesuchern gescheiter man geht ins Naturhistorische oder Technische Museum, wo man auch sehr viel Altersgerechtes erleben kann. Der Eintritt in Bundesmuseen ist für junge Menschen bis 18 Jahre übrigens frei. Speziell in Wien, aber auch in Graz, findet jeden Herbst das Kinderfilmfestival statt, (heuer ab 15. Nobember), das ich sehr schätze und auch Erwachsenen sehr ans Herz legen will. Auf welchen der durchwegs hochwertigen Filme ich mich am meisten freue, kann ich gar nicht sagen, – vermutlich Indiander von Ineke Houtman, die ich schon vor einigen Jahren beim Festival einmal interviewt habe.

Wollt ihr aber Wien besuchen, ohne Wien besuchen zu können: lest Erich Fried, H.C.Artmann und Christine Nöstlinger. Oder schaut ein bisserl Qualtinger, – vielleicht den leider vergriffenen Film Himbeerpflücker nach dem Buch von Fritz Hochwälder. Mitunter geht es euch dann genauso wie dem Pinocchio auf dem improvisierten Balkon des mumoks.

Und weil so viele WienbesucherInnen auf den Nachmarkt reinfallen, der leider längst nicht mehr ist, wofür man ihn immer gehalten hat, und was er vermutlich auch nie gewesen ist: fahrt auch nicht auf den übergehypten Yppenmarkt, oder den Bobo-Karmelitermarkt: fahrt mit der U1 zur Endstation Reumannplatz, am besten an einem Samstagvormittag und schaut euch den Viktor-Markt an.
Dann werdet ihr verstehen, warum Wien mein #Kult(ur)tipp sein muss.

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